Stern – Samstag, 3. Juni 2017
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Diese Schweizer Fabrik soll das Welt-Klima retten
US-Präsident Trump steigt aus dem Klimaschutzabkommen aus. Eine Schweizer Firma zeigt, wie man das Kima retten kann. Ihre Anlage filtert das Treibhausgas CO2 aus der Luft.
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Die Erde heizt sich immer mehr auf. Die Ursache: Der Anteil des Treibhausgas CO2 in der Atmosphäre steigt an. Eine der Hauptursachen dafür ist der Verbrauch fossiler Energieträger. Werden Öl und Kohle verbrannt, wird der Kohlenstoff dieser uralten Überreste von Pflanzen zu CO2.
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Erste Anlage dieser Art
Die CO2-Fabrik von Climeworks kehrt diesen Prozess um, sie filtert CO2 direkt aus der Luft und boostet mit dem Gas das Wachstum von Pflanzen in einem angeschlossenen Gewächshaus. Auf dem Dach der Müllverbrennungsanlage in Hinwil (Schweiz) wurde die erste Anlage dieser Art in Betrieb genommen.
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900 Tonnen CO2 im Jahr sollen so aus der Umgebungsluft gefiltert werden. Das Gas wird dann in ein Gewächshaus umgeleitet. Der Gemüseanbau profitiert von dem Gas, aber in dem Gewächshaus ist keine besondere Technologie notwendig. Das eigentliche Geheimnis ist die Technik, mit der das Gas von der sonstigen Luft getrennt wird.
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Unterirdische Lagerung von CO2
2009 machten sich die Maschinenbaustudenten Christoph Gebald und Jan Wurzbacher in Zürich selbständig. Ihr Ziel: Ein Material zu entwickeln, dass CO2 aus der Luft absorbiert. Die gebaute Anlagebesteht aus 18 Modulen, in jedem Modul befindet sich ein Ventilator zum Ansaugen der Luft. Die wird über den Absorberfilter geleitet, bis das Material gesättigt ist. Der Filter besteht ursprünglich aus Zellulose. Der genaue Aufbau und die chemische Behandlung des Materials sind das Geheimnis der Firma. In der Anlage funktioniert der Filter wie ein Molkelül-Schwamm. Die CO2-Moleküle lagern sich an die Poren an. Nach etwa drei Stunden ist ein Schwamm gesättigt. Den Ventilator stoppt und die Box mit dem Filter schließt sich. Durch Erhitzung und Vakuum wird das CO2 in reiner Form freigesetzt. "Das kann man immer wieder machen", sagt Jan Wurzbacher. "Das ist ein Zyklus von Sättigung und Regeneration." Der Prozess ist also relativ aufwendig. Der Standort wurde klug gewählt, die benötigte Wärmeenergie stammt aus der Müllverbrennungsanlage.
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Climeworks ist nicht die einzige Firma, die an der Direct-Air-Capture-Technologie arbeitet. Die Vision hinter der Anlage ist weniger die Hilfe für Gewächshäuser, sondern die Vorstellung, die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen. Macht die Technikweitere Fortschritte wäre es zumindest denkbar, einen signifikanten Teil des emittierten CO2 wieder einzufangen und so ein Klimagleichgewicht herzustellen.
Abgasreduktion muss dabei die erste Priorität genießen, aber schon CO2-Fabriken wie die jetzt erstellte Anlage können einen messbaren Beitrag leisten. Davon sind die Gründer überzeugt. "Leicht skalierbare Technologien um Emissionen rückgängig zu machen sind entscheidend, wenn wir unter dem Zwei-Grad-Ziel der internationalen Gemeinschaft bleiben wollen", sagt Christoph Gebald, Mitbegründer und Geschäftsführer von Climeworks. "Unsere Technologie bietet deutliche Vorteile, um dieses Ziel zu erreichen und eignet sich hervorragend, um mit der unterirdischen Lagerung von C02 kombiniert zu werden. Wir arbeiten daran, bis 2025 ein Prozent der weltweiten CO2-Emissionen zu filtern. Um dies zu erreichen, benötigen wir rund 250.000 Anlagen wie die in Hinwil."
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