© Schweizer Illustrierte; 15.04.2016, Seite 38
Die Zukunftsmacher
​
Die CO2-Fänger
Sie möchten unser Klima verbessern. Die Jungunternehmer JAN WURZBACHER und CHRISTOPH GEBALD haben mit ihrer Firma Climeworks einen Filter entwickelt, der das schädliche CO2 aus der Luft zieht. Auch privat sind die beiden naturverbunden.
Ein Bier hat Jan Wurzbacher und Christoph Gebald zusammengebracht. Das war am ersten Tag ihres Ingenieurstudiums an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Nach einer Führung kippten sie ein kühles Blondes. Sie verstanden sich. Aber es war mehr als das: Sie hatten den gleichen Traum.
Heute ist Wurzbacher 32 Jahre alt. Er steckt in einem Anzug mit Pochette und lädt ins Sitzungszimmer der Firma Climeworks in Zürich Oerlikon ein, in dem locker noch 21 weitere Personen Platz fänden. Sein Traum ist wahr geworden. Vor sieben Jahren gründeten er und Gebald, 33, ihre eigene Firma, zurzeit sind sie 22 Mitarbeiter. Climeworks ist ein Start-up. Die Idee entstand während der Diplomarbeit der Maschineningenieure. Sie wollten einen Filter entwickeln, der das CO2 aus der Luft zieht. Und das haben sie geschafft.
Wurzbacher ruckelt mit dem Lift hinunter ins Lager, wo gerade ein Gabelstapler einen seiner CO2-Filter vom Laster hebt. Die erste Anlage soll noch dieses Jahr in Hinwil ZH aufgestellt werden.
Der CO2-Filter gleicht einer grossen Kiste, durch deren Mitte ein Rohr verläuft. Wurzbacher sagt: «Die Luft strömt durch das Rohr in die Kiste hinein. Drinnen gibt es eine Art Schwamm, an dem das CO2 kleben bleibt. Die vom CO2 befreite Luft wird wieder ausgestossen.» Das ist aber noch nicht alles. Ab und zu wird der Inhalt der Kiste erhitzt, wodurch das CO2 aus dem Filter gelöst wird. Dieses kann in der Lebensmittelund Getränkeindustrie wiederverwendet werden – etwa als Kohlensäure im Cola oder in Treibhäusern.
Längerfristig möchten die Ingenieure noch einen grossen Schritt weitergehen. Ihr Ziel: der Klimaschutz. Bis 2025 möchten sie ein Prozent der globalen CO2-Emissionen mit ihren Filtern einfangen. Diese würden dann zur Herstellung von CO2-neutralen Treibstoffen verwendet oder in leeren Erdgasreservoirs unter der Erde eingelagert. «Hierfür braucht es aber zuerst einen globalen Preis für die Reduktion von CO2, damit das Ganze auch finanziert werden kann», sagt Wurzbacher. Und da seien die Politiker gefragt.
Die Arbeit der Ingenieure hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Während sie früher in der Werkstatt tüftelten, empfangen sie heute Investoren, stellen Businesspläne auf, verbessern Produktionsabläufe. Es sind immer wieder neue Hürden, die sie nehmen müssen. Wenn die beiden mal nicht mit Climeworks beschäftigt sind, flüchten sie in die Berge oder ans Wasser. Skitouren, Klettern, Surfen – oft gemeinsam.
Nun müssen Wurzbacher und Gebald fürs Foto posieren. Sie sollen ernst bleiben, so wünscht es der Fotograf. Doch immer wieder lachen die Ingenieure los. Dabei sehen sie ein bisschen aus wie zwei Buben, die einen Streich ausgeheckt haben. Auch wenn es dabei um eine so ernste Sache geht wie den Klimaschutz.
Die Zukunftsmacher, nächste Woche: Abionic, die Blutstropfen-Analysten.
Mehr als eine graue Kiste In diesem Gerät wird das CO2 herausgefiltert und gesammelt. Die erste Anlage soll in Hinwil ZH stehen.