© Thurgauer Zeitung; 15.03.2016, Seite 15
Ökostrom lässt alte Idee aufleben
Die Umwandlung in Gas könnte mithelfen, das Speicherproblem des unregelmässig anfallenden Ökostroms zu lösen. Der Thurgauer Regierungsrat will die Anwendungsmöglichkeiten untersuchen lassen. Als Investoren kommen Elektroversorger und das EKT in Frage.
Schon im 19. Jahrhundert gab es Pioniere, die mit Strom Gas erzeugten. Im Zug der Energiewende kommt die Idee der Wasserelektrolyse zu neuer Ehre. Obwohl der Wirkungsgrad tief ist, könnte sie dazu beitragen, das Speicherproblem des unregelmässig anfallenden Solar- und Windstroms zu lösen.
Die Idee ist simpel. Zwei Wassermoleküle werden unter Zugabe von Energie in zwei Wasserstoff- und ein Sauerstoffmolekül umgewandelt (2 H2O + E = 2 H2 + O2). Der Wasserstoff kann zusammen mit Kohlendioxid in Methan umgewandelt, in die Gasnetze eingespeist und in Gasspeichern aufbewahrt werden. Der Thurgauer Regierungsrat will die Anwendungsmöglichkeiten im Kanton untersuchen lassen, wie er Ende letzter Woche mitteilte. Damit unterstützt er einen Antrag des Frauenfelder GLP-Kantonsrats Stefan Leuthold und der 53 Mitunterzeichner vom März 2015.
Auch der nicht wieder gewählte Thurgauer GLP-Nationalrat Thomas Böhni hatte sich für die Gasspeicherung von Ökostrom eingesetzt.
Aktion auf Bundesplatz
Letzten Juni präsentierte sich Böhni auf dem Bundesplatz mit seinem Auto, dessen Tank er mit synthetisch produziertem Diesel gefüllt hatte. Im Frauenfelder Gemeinderat gab es im November wenig Unterstützung für einen Vorstoss, der eine Zusammenarbeit in diesem Bereich mit der Hochschule für Technik in Rapperswil forderte.
Bei der Erstellung der Studie kann der Thurgau davon profitieren, dass die Thurgauer Energiefachstelle im Mandat auch für den Kanton Schaffhausen arbeitet. In Schaffhausen ist bereits eine Studie der neudeutsch «Power to Gas» genannten Technik in Arbeit. Der Thurgau kann sich für rund 60 000 Franken daran beteiligen. Das Geld soll dem Energiefonds der Abteilung Energie entnommen werden.
Bei der Umwandlung in Gas handelt es sich um ein Speicherverfahren, das sich noch in der Entwicklungsphase befindet, schreibt der Regierungsrat. Dies im Unterschied zu Batterien oder Pumpspeicherkraftwerken. Dennoch könnte es künftig dort eingesetzt werden, wo bereits eine geeignete Infrastruktur vorhanden sei. Es könne eine «zukunftsfähige Ergänzung im Portfolio eines kantonalen oder kommunalen Energieversorgungsunternehmens» sein.
Strom vom Spotmarkt
«Sehr erfreulich» findet es Leuthold, dass der Regierungsrat seinen Antrag unterstützt. Als möglichen Investor sieht er das EKT oder grössere Energieversorgungsunternehmen wie die Frauenfelder Werkbetriebe. «Sie suchen ein neues Geschäftsmodell.» Frauenfeld verfüge mit der Zuckerfabrik über eine gute Gasinfrastruktur mit einem der grössten Gasspeicher im Kanton. Als Energiequelle sieht Leuthold nebst Kleinwasserkraftwerken, Solar- und Windstrom auch Strom vom Spotmarkt, wo eine Kilowattstunde derzeit für zwei Eurocent zu haben sei.
Stefan Leuthold GLP-Kantonsrat Frauenfeld