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Auf zur Tankstelle der Zukunft

So hat die Urner Zeitung am 19. Juni 2020 einen Beitrag betitelt, bei dem es darum geht, dass die Energiewende die Luzerner Tankstellenbetreiberin Avia Schätzle zum Umdenken zwingt.

Hier der Artikel von Christopher Gilb:

Patrick Schätzle, ein grossgewachsener Mann von 49 Jahren, zeigt im Besprechungsraum im Avia-Haus in Luzern stolz auf die Wand ihm gegenüber. Dort hängen die Porträts seiner Vorfahren, den vier vorausgegangen Generationen, die das Geschick der Schätzle Gruppe, die vor 150Jahren als Bierhändler begann und zum grössten Tankstellenbetreiber in der Zentralschweiz wurde, leiteten. «Und gerade bauen wir etwas auf, dass das Familienunternehmen auch in sechster Generation noch erfolgreich bestehen werden lässt», sagt Schätzle, der neben seiner Funktion als Leiter Marketing und Personal auch im Verwaltungsrat sitzt. «Denn während 150 Jahren war es unser Hauptgeschäft, flüssige Energie zu liefern. Die Leute wollten tagsüber mobil sein und abends in einer warmen Stube sitzen.» Das, so Schätzle, würden sie auch heute noch wollen. In Zeiten der Energiewende jedoch stehen fossile Brennstoffe in der Schweiz zunehmend unter Druck.


Denn zur Einhaltung des Klimaabkommens von Paris soll die Schweiz bis 2030 ihre CO2-Emissionen gegenüber 1990 um die Hälfte reduzieren. Helfen sollen auch strengere Regeln für den Einbau von Ölheizungen und ein höherer Benzinpreis. Gerade hat der Nationalrat die Totalrevision des CO2-Gesetzes deutlich beschlossen. Für Konzerne wie die Schätzle Gruppe mit ihren 160Mitarbeitenden und gut 90Tankstellen sind solche Massnahmen eine grosse Herausforderung. «Wir kommen aus der Energie und wollen in der Energie bleiben», sagt Patrick Schätzle. Doch diese soll nun sukzessive nachhaltiger werden.

Wasserstofftankstellen für koreanische LKW

Für nächstes Jahr plant das Unternehmen, das 2019 in der Gruppe einen Umsatz von rund 375 Millionen Franken gemacht hat, die Eröffnung einer Wasserstofftankstelle in Geuensee. Dies vor allem in Anbetracht der 1600 Wasserstoff-Lastwagen H2, die der Hersteller Hyundai bis 2025 auf den Schweizer Markt bringen will und die von der Auto AG in Rothenburg gewartet werden. Dieses Jahr hat Schätzle zudem eine Schnellladestation für Elektroautos in Kriens in Betrieb genommen. Die Autos werden direkt von der Oberleitung der Verkehrsbetriebe mit nachhaltigem Strom aus erneuerbaren Quellen versorgt. In zehn Minuten erhält man Strom für 100 Kilometer. Weitere solche Ladestationen sollen folgen. «Wir glauben aber nicht, dass nur Strom das gelbe vom Ei ist», schaltet sich Urs Schmidli, ebenfalls Familienmitglied und CEO des Unternehmens ins Gespräch ein. «Für den Stadtverkehr vielleicht, für längere Strecken ist das aber nicht sinnvoll», sagt der 55-Jährige. Er gehe deshalb davon aus, dass die Tankstellen der Zukunft nicht nur eine Energieform, sondern mehrere anbieten werden. «Sie werden diversifizierter, und unsere Aufgabe ist es, am jeweiligen Ort den Mix anzubieten, den die Kunden wünschen», so Schmidli.

Ideal seien fürs Unternehmen, fährt er fort, flüssige Treibstoffe – also synthetische Treibstoffe oder Biotreibstoffe. «Bei denen können wir genau mit der gleichen Infrastruktur wie beim Benzin arbeiten, und die Kunden haben die Sicherheit, dass sie diese überall beziehen können.» Gebe es nur noch Strom und Wasserstoff würden hingegen viel grössere Investitionen anfallen. Gerade Strom bringe zudem wirtschaftlich noch eine andere Herausforderung mit sich. «Nicht überall ist genügend Strom für Schnellladestationen da», so Schmidli. Und nicht jede Tankstelle habe die Grösse, dass man sich dort eine halbe Stunde lang die Zeit vertreiben kann, bis das Auto aufgeladen sei. «Also werden jene, die die Möglichkeit dazu haben, ihr Auto vermutlich lieber zu Hause oder im Geschäft aufladen.» Doch dürfen Tankstellen, an denen Autos mit Strom aufgeladen werden, überhaupt noch Tankstellen heissen? «Wieso? Strom tankt man ja gewissermassen auch», schaltet sich Claudio Nikles ein, zuständig für den neuen Bereich Gebäudetechnik bei Schätzle.

Heizölkunden bei der Umrüstung helfen

Die Gebäudetechnik ist nebst der Diversifizierung der Tankstellen der andere Teil der Zukunftsstrategie des Unternehmens. 2015 hat Schätzle den Eintritt in die Branche mit der Übernahme der Sanitär- und Heizungsfirma Burri & Lötscher AG in Meggen begonnen. Danach wurden die Eiholzer AG in Baldegg und die René Jambé AG in Luzern übernommen. Weitere sind angedacht, da das Familienunternehmen in diesem Markt wachsen wolle. Rund 15000 Haushalte in der Zentralschweiz beliefert Schätzle mit Heizöl. «Diese Kunden vertrauen und kennen uns, deshalb bieten wir uns nun auch für den Umstieg auf nachhaltige, umweltfreundliche Heizsysteme an», erklärt Nikles.


Denn die Vielfalt der Heizungssysteme sei gross, und bei einer Sanierung würden teils auch andere Energieformen und CO2-reduzierende Massnahmen eine wichtige Rolle spielen, erklärt der 36-Jährige. «All dies und auch die behördlichen Abklärungen müssen objektspezifisch ausgearbeitet und danach fachtechnisch installiert werden.» Dabei den Durchblick zu behalten, sei für Bauherren und Private sicher nicht einfach. Schätzle selbst sucht für diese Sparte nach Nachwuchs und Fachkräften – «vor allem aus dem Bereichen Heizung, Lüftung und Sanitär», sagt Nikles.

Patrick Schätzle zeigt auf eine aktuelle Beilage, die das Unternehmen zu seinem Firmenjubiläum dieses Jahr publiziert hat. Die Vorderseite ist rot, wie die Farbe der unabhängigen Mineralölimporteurvereinigung Avia, bei der Schätzle Mitglied ist. Die Rückseite ist blau, sie steht für erneuerbare Energien und die Gebäudetechnik. «Die Zukunft», sagt Schätzle.

«Wir glauben nicht, dass nur Strom das gelbe vom Ei ist.»

Urs Schmidli, Schätzle-CEO

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