
Im Oktober hat das Bundesamt für Energie ein Dokument mit dem Titel "Künftige Rolle von Gas und Gasinfrastruktur in der Energieversorgung der Schweiz" veröffentlicht (Download hier). Der Verband der eine Stellungnahme der Schweizerischen Gasindustrie ist damit überhaupt nicht glücklich. In einer Stellungnahme (Download hier) kritisiert er die Statistiken, Aussagen zur Reduktion von importiertem Biogas, eine massive Unterschätzung des Potentials von synthetischem Erdgas, eine Ökobilanz, die auf veralteten Daten beruht und eine Unterschätzung der Menge an Überschussstrom, der in wenigen Jahren anfällt und den man für Power-to-Gas verwenden kann.
Bei der Verwendung von Überschuss spiele dann auch eine geringe Effizienz keine Rolle, denn es sei immer noch besser, diesen Strom zu verwenden, als ihn gar nicht zu nutzen.
Das erneuerbare Wärmepotential sei zwar gross, aber oft nicht dort, wo die Wärme gebraucht wird. Vorhandene Gasnetze, gefüllt mit erneuerbarem, synthetischem Erdgas seien durchaus eine denkbare Alternative.
Ganz besonders zu denken gibt die folgende Kritik seitens eines Vertreters der Gasindustrie, die dieser in einer E-Mail an einen grösseren Emüfängerkrens äusserte:
"Dass man aber bei BfE hingeht und dem Biogas wegen Methanschlupf einen CO2eq-Wert von 130g/kWh zuordnet (siehe Kap. 5 1. Absatz) halte ich doch für bedenklich und einer sachlichen Diskussion nicht würdig.
130gr/kWh CO2eq entspricht einem Methanschlupf von über 5%. Offensichtlich stützt man sich bei dieser Zahl auf eine überholte Technik bei der Biogasaufbereitung (Stichwort Aktivkohle-Druckwechsel-Adsorption), die bei weitem nicht mehr State-of-the-Art ist. Ganz abgesehen davon, dass die Vergärung in einem Biogasreaktor natürliche Methanemissionen vermeidet - wird in der Fussnote im Kleingedruckten auch angemerkt - weist eine moderne Biogasaufbereitung mit einer Aminwäsche einen Methanschlupf von < 0.1% auf. 1 Promille Methanschlupf entspricht mit einem Klimafaktor von 28 gerechnet einem CO2-Aequivalent von ca. 2 gr/kWh, was um 10-er Potenzen vom CO2-Wert im Papier des BfE’s abweicht.
Diese kritische Einschätzung ist auch insofern erwähnenswert, weil das BfE andere erneuerbare Alternativen oft wesentlich optimistischer beurteilt und teilweise auch zukünftige Technologiepotentiale inkludiert, welche heute noch gar nicht verfügbar sind. (...)
Bei unseren Nachbarländern wird Gas durchwegs als Teil der Lösung angesehen, nur in der Schweiz ist es offensichtlich Teil des Problems. Der Deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier wird in diesem Jahr zitiert mit der Aussage «Gas ist Sexi». Damit meint er natürlich nicht nur das Gas aus fossiler Quelle im Vergleich zur Kohle und Erdöl-Produkten sondern auch das Potential aus erneuerbarem Gas – sei es aus Biomasse, überschüssigem erneuerbarem Strom, Beimischung von Wasserstoff, etc. Dazu kommt die in Westeuropa vorhandene, sehr gute Gasinfrastruktur bez. Transport über weite Strecken, die sehr grossen saisonalen Speicher in Westeuropa sowie die Möglichkeit, erneuerbares Gas in flüssiger Form (LNG) zu importieren, welches in Ländern in Äquatornähe mit wesentlich mehr Solarstrompotential als bei uns produziert werden kann.
Auch bei der EU sieht man inzwischen, dass Gas Teil der Lösung sein muss, wenn man die ambitionierten Ziele des Klimaschutzes erreichen will. Zahlreiche Studien namhafter europäischer Institute bestätigen diese Einschätzung.
Fazit: In Europa erkennt man inzwischen sowohl in Politik wie auch in der Wissenschaft wieder die wichtige Rolle von Gas für die Zukunft an. Nachdem wir ja zunehmend im Winterhalbjahr Strom von unseren Nachbarn importieren und damit immer mehr Teil des europäischen Energiesystems werden, wäre es deshalb zu wünschen, dass sich das BfE auch in der Schweiz offener für Gas zeigen würde."
Der Verband will nun im Rahmen der Anfang November begonnenen Vernehmlassung zum neuen Gasversorgungsgesetz ausführlich Stellung beziehen.