Das Zofinger Tagblatt / MLZ berichtete am 30. September 2020 über das Wiener Motorensymposium. Interessante Aussagen, die dort gemachte wurden: Verbrennungsmotoren, die mit synthetischem Treibstoff betankt werden, erzeugen Partikel- und Stickoxidemissionen, die selbst im neuen Strassentest RDE (Real Driving Emissions, Teil des Normzyklus WLTP) auch mit neusten Messinstrumenten kaum oder gar nicht mehr nachweisbar sind. Und: „Die Emissionen werden nicht mehr nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Strasse ermittelt; der klassische Verbrennungsmotor hat dank neuer Technologien weiterhin Potenzial.“

Impression vom 40. Wiener Motorensymposium
Was bringt die Zukunft nebst elektrifizierten Antrieben? Das Wiener Motorensymposium gab einen digitalen Ausblick.
Stephan Hauri
Seit 1980 treffen sich jährlich mehr als 1000 Experten beim internationalen Wiener Motorensymposium, um über neue Entwicklungen im Antriebsstrang von Personenwagen und Nutzfahrzeugen zu berichten. Leider fiel die diesjährige Auflage in der Wiener Hofburg dem weltumspannenden Lockdown zum Opfer. Trotzdem hat der Österreichische Verein für Kraftfahrtechnik ÖVK als Organisator eine virtuelle Tagung mit Referaten und Videokonferenzen ermöglicht.
Wieder reichte die Themenpalette vom optimierten Verbrennungsmotor über den Batterie- bis zum Brennstoffzellen-Elektroantrieb. Einen Schwerpunkt bildeten dabei die Zero-Impact-Antriebslösungen mit Verbrennungsmotoren, deren Emissionen keinen Einfluss mehr auf die Umgebungsluft haben. Partikel- und Stickoxidemissionen sind in diesen Antriebssträngen selbst im neuen Strassentest RDE (Real Driving Emissions, Teil des Normzyklus WLTP) auch mit neusten Messinstrumenten kaum oder gar nicht mehr nachweisbar.
Da davon ausgegangen werden kann, dass auch im Jahr 2050 noch viele Verbrennungsmotoren in Betrieb sind – oft in Hybridverbindung mit Elektromotoren –, stellt deren Weiterentwicklungen einen wichtigen Teil der Zukunftstechnik dar. Der ÖVK-Vorsitzende und Symposiumsleiter Professor Bernhard Geringer hält fest: «In den nächsten Jahren wird das Antriebsportfolio breiter, ohne dass aus derzeitiger Einschätzung Antriebsformen wegfallen. Wir brauchen alle.»

Ultrasaubere Verbrenner
Jochen Walther, Leiter Benzinmotorentwicklung bei Bosch, weiss, wie sich der Benziner so weit optimieren lässt, dass «der Einfluss auf die Luftqualität auf einen vernachlässigbaren Anteil reduziert werden kann». Mit Einspritzdrücken bis 500 bar und Partikelfiltern der zweiten Generation werden Anzahl und Masse der Partikel auf ein Mindestmass reduziert, und eine weiterentwickelte Regelsoftware des Katalysatorsystems senkt zusätzlich alle gasförmigen Emissionen. Die bezüglich Schadstoffemissionen besonders kritische Warmlaufphase lässt sich durch einen beheizten Katalysator und eine 48-Volt-Hybridisierung beherrschen. In Motoren mit sehr hoher spezifischer Leistung verringert die Wassereinspritzung Verbrennungstemperatur und Klopfneigung. Der Motor kann dann auch bei grosser Leistungsabgabe schadstoffarm und verbrauchsgünstig betrieben werden.
Das Abgastemperaturmanagement wird in allen Verbrennern immer wichtiger. Auch im Selbstzünder mit Oxidations- und SCR-Kat wird der Grossteil der Schadstoffemission während der Aufheizphase des Motors und des Abgassystems erzeugt. Zulieferer Schaeffler hat mit der variablen Einlassventilsteuerung und variablem Ventilhub auf der Auslassseite im 2-l-Dieselmotor AJ200D von Jaguar Land Rover nun ein System gezeigt, mit dem die Abgastemperatur angehoben werden kann, um die Abgasentgiftungsanlage möglichst schnell einsatzbereit zu machen respektive sie im Betrieb ausreichend warm zu halten.
Parallel zum Thermomanagement wird auch in Dieselmotoren künftig die Zylinderabschaltung eine Rolle spielen. DSF, Dynamic Skip Fire, ist eine Deaktivierungstechnik, die vor zwei Jahren beim Wiener Symposium für Benzinmotoren vorgestellt wurde und nun auch für den Diesel einsatzbereit ist. Bei der DSF-Ventil- und Motorsteuerung kann jede beliebige Anzahl von Zylindern dynamisch von Zyklus zu Zyklus gezündet werden. Durch die Beeinflussung der Zündfolge und der Zylinderlast erreichen die Entwickler Cummins und Tula in einem grossen Erprobungsmotor wesentliche Verbesserungen bei Verbrauch und Schadstoffausstoss.
H2 und E-Fuels imVerbrenner
Im Verbrennungsmotor könnte Wasserstoff (H2) schon bald wieder zum Einsatz kommen. Sowohl bei Bosch als auch beim deutschen Unternehmen Keyou sind solche Entwicklungen schon weit fortgeschritten. Dieselmotoren lassen sich mit vertretbarem Aufwand für den Betrieb mit Wasserstoff anpassen, und zudem braucht H2 für den Verbrennungsmotor nicht den extrem hohen Reinheitsgrad aufzuweisen wie für die Brennstoffzelle. Dies ist besonders bei der Herstellung aus biogenen Quellen von grosser Bedeutung. Wichtig wird der H2-Verbrenner voraussichtlich für schwere Nutzfahrzeuge sein, die gemäss neuer EU-Regelung dann als emissionsfrei gelten, wenn sie weniger als 1 Gramm CO2 pro Kilowattstunde emittieren. Ingenieur Thomas Korn, CEO der Keyou GmbH, sagt: «Es zeigt sich, dass der Zielkonflikt zwischen Umweltschutz und Kundennutzen mit einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor am besten gelöst werden kann.»
H2 ist auch der erste Treibstoff, der in der Herstellungskette von synthetischen Treibstoffen entsteht, doch wird es für Verbrennungsmotoren der Zukunft notwendig sein, aus H2 und CO2 weitere Kohlenwasserstoffe herzustellen. Damit können Diesel und Benziner dann praktisch CO2-neutral betrieben werden.
Die Emissionen werden nicht mehr nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Strasse ermittelt; der klassische Verbrennungsmotor hat dank neuer Technologien weiterhin Potenzial.